Verjährung bei Steuerhinterziehung (Strafrecht)

Verjährung Steuerhinterziehung

Verjährung bei Steuerhinterziehung: 5 oder 15 Jahre

Die Verjährung bei einer einfachen Steuerhinterziehung beträgt strafrechtlich 5 Jahre.

In den folgenden Fällen verjährt die Steuerhinterziehung jedoch in 15 Jahren, und zwar, wenn der Täter

  • in großem Ausmaß (d.h. ab 50.000 €) Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
  • seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger missbraucht,
  • die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
  • unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
  • als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Steuerhinterziehungen verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
  • eine Drittstaat-Gesellschaft (d.h. eine Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind), auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Fristbeginn der strafrechtlichen Verjährung bei Steuerhinterziehung

Für die Bestimmung des Fristbeginns ist zwischen sog. Veranlagungssteuern und Fälligkeitssteuern zu unterscheiden.

1. Veranlagungssteuern sind u. a. die Einkommen-, die Körperschaft-, die Vermögen-, die Gewerbe- und die Grundsteuer. Alle diese Steuern haben gemein, dass sie eine Tätigkeit des Finanzamtes voraussetzen, nämlich den Erlass eines förmlichen Steuerbescheides.

Die Verjähringsfrist beginnt bei den Veranlagungssteuern mit Bekanntgabe des Steuerbescheides . Wurde keine Steuererklärung abgegeben ist auf den Zeitpunkt abzustellen, wann das zuständige Finanzamt in Bezug auf die entsprechende Steuerart die Veranlagungsarbeiten im Wesentlichen abgeschlossen hat.

2. Fälligkeitssteuern sind Steuern, welche selbst berechnet und angemeldet werden müssen und welche bei einer Zahllast sofort ohne Steuerfestsetzung fällig werden (Stichwort: „Selbstveranlagung“ wie bei der Umsatzsteuervoranmeldung, Lohnsteueranmeldung oder Kapitalertragsteuer).

Bei Fälligkeitssteuern beginnt die Frist dann sofort mit Abgabe einer falschen Steuererklärung bzw. mit Nichtabgabe trotz Fristablauf.

Bei Fälligkeitssteuern mit Erstattungsanmeldungen beginnt die Verjährung erst mit Zustimmung der Finanzbehörde zur geltend gemachten Steuererstattung. Denn die Anmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bei einer Erstattung erst dann gleich, wenn die Zustimmung erfolgt ist.

Fristende

Für die Berechnung des Endes der Verjährungsfrist wird der Tag des Beginns der Frist mitgerechnet.

Beispiel: Es liegt eine einfache Einkommensteuerhinterziehung vor (Verjährungsfrist: 5 Jahre). Der Steuerbescheid wurde am 26.01.2022 zugestellt. Die Verjährung endet somit nach 5 Jahren mit Ablauf des 25.01.2027.

Unterbrechung der Verjährung

Die Verjährung kann unterbrochen werden. Unterbrechungshandlungen sind z.B. die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe an den Beschuldigten, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe.

Die Unterbrechung der Verjährung bedeutet im Gegensatz zum bloßen Ruhen der Verjährung die Beseitigung des abgelaufenen Teils der Verjährung. Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Eine mehrfache Unterbrechung ist möglich.

Ruhen der Verjährung

Ein Steuerstrafverfahren kann ausgesetzt werden, z.B. weil man erst abwarten möchte wie das Besteuerungsverfahren ausgeht. In einem solchen Fall ruht die Verjährung. Die Verjährung kann bis zu 5 Jahre ruhen.

Absolute Verfolgungsverjährung

Da die Verjährung bei der Unterbrechung neu zu laufen beginnt, muss es irgendwann auch ein Ende der Verjährung geben. Die Verjährung tritt spätestens dann ein, wenn seit Verjährungsbeginn das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist. Dies wäre also bei der einfachen Steuerhinterziehung nach zehn Jahren der Fall.

In den oben genannten besonders schwerden Fällen der Steuerhinterziehung beträgt die absolute Verjährung das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist. Das bedeutet, dass die absolute Verjährung in diesen Fällen nach 37,5 Jahren (!) eintritt.

Ruht dann noch die Verjährung 5 Jahre ergibt sich eine Maximalverjährung im Falle einer Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall von 42,5 Jahren!

Selbstanzeige und Geldwäsche

Selbstanzeige und Geldwäsche

Mit Wirkung zum 18.03.2021 wurde der Tatbestand der Geldwäsche im Strafgesetzbuch neu geregelt. Obwohl dies wahrscheinlich nicht so gewollt war, hat dies erhebliche Auswirkungen auf die Selbstanzeigeberatung. Denn eine wirksame Selbstanzeige bei einer „normalen“ Steuerhinterziehung kann neuerdings eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche begründen, wenn nicht aufgepasst wird. Das neue Zusammenspiel zwischen Selbstanzeige und Geldwäsche wird im Folgenden erläutert:

1. Die Neuregelung der Geldwäsche

Bei der Geldwäsche gelangt kriminell erwirtschaftetes Geld in den regulären Finanz- und Wirtschaftskreislauf. Das Ziel der Geldwäsche ist es, die Herkunft illegal erworbenen Geldes zu verschleiern. Das zu „waschende“ Geld kann auch aus einer Steuerhinterziehung stammen. Der Gesetzgeber verfolgt nunmehr einen „All-Crime-Ansatz“, wonach neuerdings auch die kleinste Steuerhinterziehung mögliche Vortat der Geldwäsche sein kann (vor der Neureglung galt dies nur für Steuerstraftaten, die sich durch eine besonderes Gewicht oder spezifische Nähe zur organisierten Kriminalität auszeichneten).

Beispiel: Der Steuerpflichtige erlangt durch eine Umsatzsteuerhinterziehung eine zu hohe Vorsteuererstattung (= Vortat). Den Mehrbetrag in Höhe von 10.000 €, den der Steuerpflichtige durch die Hinterziehung erlangt hat, gibt er seiner Ehefrau, welche sich davon einen neue Uhr kauft. Da die Ehefrau die Herkunft des Geldes kennt, macht sich die Ehefrau wegen Geldwäsche strafbar. Variante: Der Steuerpflichtige hebt den Mehrbetrag in Höhe von 10.000 € ab und versteckt diesen in seinem Haus. Eigentlich würde dies ebenfalls eine Geldwäsche sein. Jedoch findet keine Bestrafung statt, da der Steuerpflichtige in Bezug auf die Vortat (= Steuerhinterziehung) strafbar ist.

2. Auswirkung auf die Selbstanzeige im Steuerstrafrecht

Eine Selbstanzeige im Steuerstrafrecht gilt nur für die Steuerhinterziehung. Würde der Steuerpflichtige im obigen Beispiel eine Selbstanzeige wegen der Umsatzsteuerhinterziehung abgeben, würde die Selbstanzeige nicht die Ehefrau schützen.

In der Variante wäre der Steuerpflichtige jedoch bei einer steuerlichen Selbstanzeige, die wirksam ist, nicht mehr wegen der Vortat Steuerhinterziehung strafbar. Damit kann er plötzlich wegen Geldwäsche bestraft werden.

Es kann also dazu führen, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerstrafrecht zur Entdeckung einer Geldwäsche führt (z.B. weil die Ehefrau im Streit der Staatsanwaltschaft mitteilt, dass das Geld versteckt wurde).

Es würde dann eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche drohen, wenn hier nicht aufgepasst wird.

3. Lösung: Selbstanzeige bei der Geldwäsche

Es gibt auch bei der Geldwäsche eine Selbstanzeige. Wegen Geldwäsche wird nicht bestraft, wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt und die Tat zu diesem Zeitpunkt noch nicht entdeckt war. Zuständige Behörde ist nicht das Finanzamt, sondern die Staatsanwaltschaft, die Polizei oder das Amtsgericht. Es sollte also ggf. mit der Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung eine zusätzliche Selbstanzeige wegen Geldwäsche eingereicht werden. Wie bei der steuerstrafrechtlichen Selbstanzeige sollte auch die Selbstanzeige wegen Geldwäsche nur von einem Fachmann eingereicht werden. Sprechen Sie uns an. Wir sind Ihnen gerne dabei behilflich.

Beachten Sie: Ihr Steuerberater darf Sie zum Thema Geldwäsche nicht beraten, da er sonst gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen würde. Schon gar nicht darf er die ggf. erforderlichen Handlungen vornehmen, um Sie auch vor einer Strafbarkeit wegen Geldwäsche zu schützen. Insbesondere darf er keine Selbstanzeige wegen Geldwäsche für Sie erstellen.

3 Gründe warum Sie eine Selbstanzeige nicht mit Ihrem Steuerberater besprechen sollten!

Oft ist der Steuerberater, der Sie laufend betreut (also Ihr „Haussteuerberater“), der erste Ansprechpartner in sämtlichen Steuersachen. Warum Ihr Steuerberater jedoch nicht Ihr erster Ansprechpartner im Steuerstrafrecht sein sollte, hat verschiedene Gründe:

1. Risiko für Sie und Ihren Berater

 Die Wirksamkeit einer Selbstanzeige hängt von einer Vielzahl zu beachtender Punkte ab. Gerade mit Blick auf das Vollständigkeitsgebot und die sog. Sperrgründe droht häufig ein Scheitern der Selbstanzeige. Für Ihren Steuerberater ergeben sich erhebliche Haftungsrisiken, sofern er keine Spezialist in diesem Bereich ist und dann eine Selbstanzeige vorbereitet sowie das Verfahren begleitet. Sofern die Selbstanzeige aufgrund eines Beraterverschuldens unwirksam ist, führt dies unter Umständen zu erheblichen Schadensersatzansprüchen, welche das Verhältnis zu Ihrem Steuerberater unerträglich belasten wird. Viel schlimmer wäre allerdings, wenn Sie wegen einer unwirksamen Selbstanzeige nicht straffrei blieben, sondern bestraft würden (das passierte im Fall Hoeneß).

2. Keine unabhängige Beratung durch Ihren Steuerberater

Selbst wenn Ihr Steuerberater ein Experte auf dem Gebiet des Steuerstrafrechts und in Sachen Selbstanzeige wäre, ist es – zumindest bei Dauersachverhalten – ratsam, die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige nicht mit ihm zu besprechen

Ihr Steuerberater ist zwar regelmäßig verpflichtet, Sie auf die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige hinzuweisen. Unterlässt der Steuerberater dies, kann dies Schadensersatzansprüche auslösen. Eine Pflicht, den Mandanten zur Selbstanzeige zu bewegen, besteht jedoch nicht.

Weist nun Ihr Steuerberater auf die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige hin und entscheiden Sie sich – aus welchen Gründen auch immer – gegen eine Selbstanzeige, so muss Ihr Steuerberater sein Mandat niederlegen. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich um Dauersachverhalte handelt, die auch künftig verschwiegen werden sollen. Andernfalls macht sich Ihr Steuerberater durch die Mitwirkung an künftigen Steuererklärungen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar.

In einem solchen Fall werden Sie kaum ergebnisoffen mit Ihrem Steuerberater die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige besprechen können. Denn Ihrem Steuerberater droht immer, dass er sein Mandat niederlegen muss.

Beispiel: Sie liefern Waren ins EU-Ausland, welche Sie dort bislang nicht versteuert haben. Die Nichtversteuerung im EU-Ausland ist eine Steuerstraftat in Deutschland! Sie besprechen mit Ihrem Steuerberater die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige und kommen zu dem Ergebnis, dass Sie keine Selbstanzeige abgeben möchten. Auch werden Sie weiterhin Waren ins EU-Ausland liefern und diese dort nicht versteuern. In diesem Fall muss Ihr Steuerberater dann das Mandat niederlegen, wenn er sich nicht wegen Beihilfe strafbar machen möchte.

Möchten Sie eine solche Sachlage vermeiden, ist es deshalb ratsam, die Möglichkeit einer Selbstanzeige nicht mit seinem „Haussteuerberater“ zu besprechen. Besprechen Sie lieber die Selbstanzeige mit einem „externen“ Experten. Denn mit der Niederlegung des Mandats Ihres Steuerberaters ist keinem geholfen: Sie müssen sich einen neuen Steuerberater suchen und Ihr Steuerberater verliert Sie als Mandanten.

3. Ihr Steuerberater darf Sie nicht in Sachen Geldwäsche beraten

Mit Wirkung zum 18.03.2021 wurde der Tatbestand der Geldwäsche im Strafgesetzbuch neu geregelt. Der Gesetzgeber verfolgt nunmehr einen „All-Crime-Ansatz“, wonach neuerdings auch die kleinste Steuerhinterziehung mögliche Vortat der Geldwäsche sein kann (vor der Neureglung galt dies nur für Steuerstraftaten, die sich durch eine besonderes Gewicht oder spezifische Nähe zur organisierten Kriminalität auszeichneten). Das kann dazu führen, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerstrafrecht zur Entdeckung einer Geldwäsche führt. Es würde dann eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche drohen, wenn hier nicht aufgepasst wird. Ihr Steuerberater darf Sie jedoch hierzu nicht beraten, da er sonst gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen würde. Schon gar nicht darf er die ggf. erforderlichen Handlungen vornehmen, um Sie auch vor einer Strafbarkeit wegen Geldwäsche zu schützen.

Steuerhinterziehung: großes Ausmaß ab 50.000 €

Ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung liegt nach dem Gesetz in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt. Fraglich ist, wann ein solches großes Ausmaß vorliegt.

Strafmaß bei Steuerhinterziehung

Steuerhinterziehung wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft, es sei denn es liegt ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren. Eine Geldstrafe kommt bei einem besonders schweren Fall nicht mehr in Betracht. Ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung liegt u.a. in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt. Über die Frage, wann ein solches großes Ausmaß vorliegt, entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2015 (s. Urteil vom 27.10.2015, 1 StR 373/15).

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH)

Bis zum genannten Urteil des BGH aus dem Jahr 2015 unterschied der BGH. Bei einem bloßen Verschweigen von Einkünften oder Umsätzen ging der BGH von einer Wertgrenze von 100.000 € aus. Bei einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun lag aber schon damals die Wertgrenze: bei 50.000 € (der BGH sprach hier insoweit von einem „Griff in die Kasse“).

Seit dem BGH-Urteil vom 27.10.2015, 1 StR 373/15) unterscheidet der BGH nicht mehr. Stattdessen hält er eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 € für angemessen. Der BGH begründet wird dies wie folgt:

  • Eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 € gilt entsprechend bei den Regelbeispielen des Herbeiführens eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes in anderen Straftatbeständen.
  • Das Gesetz unterscheidet beim Straftatbestand der Steuerhinterziehung nicht zwischen der Gefährdung des Steueranspruchs und dem Eintritt des Vermögensschadens beim Staat. Diese Gleichsetzung findet ihre Rechtfertigung darin, dass die falsche Steuerfestsetzung nahezu immer zu einem Schaden führen wird, weil eine nicht festgesetzte Steuer auch nicht beigetrieben werden kann und darf. Vor diesem Hintergrund zwischen Gefährdungsschaden und eingetretenem Schaden zu differenzieren, ist deshalb nicht gerechtfertigt
  • Eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 € gewährleistet zudem mehr Rechtssicherheit, weil sich die Differenzierung zwischen nicht erklärten Steuererhöhungsbeträgen und zu Unrecht geltend gemachten Steuerminderungsbeträgen und die auf Elemente des Erfolgsunrechts (Höhe des Steuerschadens) und auf Elemente des Handlungsunrechts (unterschiedlicher Gehalt des Handlungsunrechts) gestützte und deshalb schwierige Abgrenzung erübrigt, in welchen Fällen der niedrigere und in welchen Fällen der höhere Grenzwert gilt.
  • Außerdem bliebe für den Tatrichter auch bei einer einheitlichen Wertgrenze von 50.000 € ausreichend Spielraum, um den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen.

Praktische Konsequenzen

Ein steuerpflichtiger kann schneller als gedacht in die Situation kommen, dass objektive eine Steuerverkürzung in großem Ausmaß vorliegt ohnd dass dies gewollt ist. So werden gerade im Unternehmensbereich bei der Umsatzsteuer schnell solche Wertgrenzen von 50.000 € erreicht, so dass sich dann z.B. die Frage der Strafbarkeit des Geschäftsführers und gegebenenfalls auch der Mitarbeiter stellt. Ein anderes Beispiel ist der erbschaftsteuerliche Fall, in dem der Erblasser jahrelang Steuern hinterzogen hat, der Erbe davon Kenntnis erlangt und dem Finanzamt dies nicht unverzüglich anzeigt. Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag „Achtung bei Steuerhinterziehung des Erblassers“.

Ein Steuerpflichtiger kann in solche Situation geraten ohne dies gewusst oder gewollt zu haben. Theoretisch liegt dann kein Vorsatz und damit auch kein strafrechtlich vorwerfbares Verhalten vor. In der Praxis kommt es aber trotzdem oftmals zu erheblichen Problemen, wenn die Strafverfolgungsbehörden trotzem von einem vorsätzlichen Verhalten ausgehen. Es stellt sich in solchen Fällen dann immer die Frage, ob eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Finanzamt in Form einer Selbstanzeige abgegeben werden sollte. Denn oftmals kann eine Strafverfolgung nur so sicher vermieden werden.

Hinweis: Besprechen Sie eine Selbstanzeige nicht mit Ihrem Steuerberater!

Achtung bei Steuerhinterziehung des Erblassers

Eine Steuerhinterziehung des verstorbenen Erblassers kann beim Erben schnell ebenfalls zu einer Steuerhinterziehung führen:

Bei Erbschaften taucht oftmals die Frage auf, inwieweit ein Erbe ein steuerlich pflichtwidriges Verhalten des Erblassers berichtigen muss. So z.B. wenn zum Nachlass ein Konto im Ausland gehört, dessen Erträge nie in den Steuererklärungen des Erblassers berücksichtigt wurden. In diesen Fall hat also der Erblasser zu wenig Einkommensteuer in Deutschland gezahlt.

Berichtigungspflicht

Erkennt ein Erbe, dass eine Steuererklärung des Erblassers unrichtig war, hat er dies unverzüglich den Finanzbehörden gegenüber anzuzeigen und die Erklärung entsprechend zu berichtigen. Dies gilt übrigens auch, wenn die unrichtige Steuererklärung nicht als Steuerhinterziehung zu qualifizieren war.

Ausnahme: Es besteht keine Verpflichtung, Fehler anzuzeigen, die dem Finanzamt bei der Veranlagung unterlaufen sind, wenn eine korrekte Steuererklärung eingereicht wurde.

Die Anzeige- und Berichtigungspflicht besteht übrigens auch, wenn pflichtwidrig keine Steuerhinterziehung durch den Erblasser abgegeben wurde und es so zu einer Steuerverkürzung kam. So führt eine wegen Demenz des Erblassers unwirksame Einkommensteuererklärung – sofern sie unrichtig oder unvollständig ist – zu einer Berichtigungspflicht des Erben, bei deren Verletzung eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vorliegen kann (siehe Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.08.2017, VIII R 32/15).

Unverzüglich

Der Erbe muss die Unrichtigkeit nach dem oben Gesagten unverzüglich anzeigen, nachdem er Kenntnis davon erlangt hat. Unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“. Was darunter zu verstehen ist, hängt vom Einzelfall ab, insbesondere davon, ob es sich um einen komplizierten Sachverhalt oder eine einfache Mitteilung einer einfachen Tatsache handelt. Als Obergrenze nennen manche einen Zeitraum von nur 2 Wochen. In jedem Fall ist schnelles Handeln erforderlich, wenn man sichergehen möchte, nicht selbst einen Straftatbestand zu erfüllen.

Zeitlicher Umfang der Berichtigung / Verjährung

Der Erbe muss sämtliche Steuerstraftaten des Erblassers, die steuerlich noch nicht verjährt sind, gegenüber dem Finanzamt anzeigen und berichtigen. Im Falle einer Steuerhinterziehung gilt laut Gesetz steuerlich eine 10-jährige Verjährungsfrist.

Wenn eine Steuererklärung eingereicht wurde, beginnt die Frist mit Ablauf des Jahres, in dem die Erklärung eingereicht wurde. Hat z.B. der Erblasser seine unrichtige Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 im Jahr 2011 eingereicht, so beginnt die Verjährung erst ab dem 1.1.2012 zu laufen und endet nach 10 Jahren mit Ablauf des 31.12.2021. Das hieße, dass der Erbe sämtliche Steuerhinterziehungen des Erblassers seit dem Veranlagungszeitraum 2010 korrigieren müsste.

Wurde eine Steuererklärung gar nicht eingereicht, obwohl diese zu einer Steuerpflicht geführt hätte, beginnt die Frist mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Hätte der Erblasser z.B. für das Jahr 2008 eine Steuererklärung abgeben müssen, beginnt die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2011, also ab dem 1.1.2012 zu laufen. Das hieße, dass der Erbe hier sogar sämtliche Steuerhinterziehungen des Erblassers seit dem Veranlagungszeitraum 2008 korrigieren müsste.

Konsequenzen einer verspäteten Berichtigungsanzeige

Wer zu lange mit der Anzeige wartet, kann schnell große Probleme steuerstrafrechtlicher Art bekommen. Denn wer es als Erbe unterlässt unverzüglich seiner Berichtigungsanzeige abzugeben, begeht selbst eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen. Die Konsequenzen können gravierend sein, insbesondere wenn es um hohe Steuern geht, die der Erblasser insgesamt in bislang nicht verjährten Zeiträumen von mindestens 10 Jahren nicht erklärt hat.

Beispiel: Der Erblasser hat in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod jeweils 5.000 € pro Kalenderjahr hinterzogen. Dies bedeutet für den Erblasser, dass er mehrere Straftaten mit einem Hinterziehungsbetrag in Höhe von jeweils 5.000 € begangen hat. Laut dem Gesetz wird ein solches Vergehen jeweils mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft. Erkennt der Erbe dieses Straftaten und meldet diese nicht unverzüglich werden alle diese Taten des Erblassers jedoch zusammengerechnet, so dass der Hinterziehungsbetrag des Erbens mindestens 50.000 € beträgt. Dies wird in der Regel als Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall qualifiziert (s. dazu den Beitrag „Steuerhinterziehung: großes Ausmaß ab 50.000 €“). Strafandrohung: Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren (keine Geldstrafe!). Der Erbe, der die Taten des Erblassers nicht unverzüglich dem Finanzamt anzeigt, wird womöglich viel stärker bestraft als der Erblasser. Und das, obwohl der Erbe – insbesondere wenn es sich beim Erben um den Ehepartner oder ein Kind des Erblassers handelt – meist andere Sachen nach dem Tod des Erblassers zu tun hat (Trauer, Abwicklung der Beerdigung, etc.), als sich um die Korrektur der Steuerstraftaten des Erblasser Gedanken zu machen.

Und selbst wenn man später durch eine Selbstanzeige einer strafrechtlichen Bestrafung entgehen könnte, kommt es in der Regel zu zusätzlichen Zahlungspflichten, die vermeidbar gewesen wären, wenn man unverzüglich gehandelt hätte.

Fazit

Wird eine Steuerhinterziehung des Erblassers erkannt, ist schnelles Handeln erforderlich. Ist es fraglich, ob das Handeln noch unverzüglich ist, ist der sicherste Weg die Abgabe einer Selbstanzeige. Dies gilt umso mehr, wenn es sich beim Erben ggf. um eine Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall handelt.